Beziehungen wachsen. Menschen verändern sich.
Paarbeziehung sind für uns als Frauen und Männer eines der wesentlichsten Bestandteile eines erfüllten Lebens, sind sinnstiftend, geben Kraft und leben durch gemeinsam erfahrene Momente. Zudem sind sie meist Ausgangspunkt und eine tragende Säule der Familie.
In einer Beziehung erleben Paare immer wieder Momente, in denen sich ihre Beziehung wandelt und weiter entwickelt. Nahezu jedes Paar kommt im Laufe seiner Beziehung in schwierige Situationen. Ehemals gelungene Kommunikationsweisen und –muster wirken nun nicht mehr konstruktiv – auch wenn sie vormals als hilfreich und passend empfunden wurden.
Vielleicht geht dies mit der Änderung von Aufgaben und Rollen innerhalb einer Beziehung einher, mit zu bewältigenden Lebensphasenübergängen (z.B. Kinder werden geboren, berufliche Perspektiven verändern sich) oder auch mit persönlichen Veränderungen eines Partners/einer Partnerin.
Meist werden solche Zeiten gut bewältigt, unterstützt von dem tragenden Vertrauen und der tieferen Bindung einer Beziehung. Und manchmal wünschen sich Paare eine begleitende Unterstützung dabei.
Einerseits kann eine solche, als konflikthaft erlebte Situation, eine Chance zur Vertiefung des gegenseitigen Verständnisses sein und eine Intensivierung des Miteinander zur Folge haben. Gleichzeitig werden auch Momente tiefer Verunsicherung, des Zweifels und auch des Ärgers empfunden, die als Gefahr für die Beziehung erlebt werden.
Nach einer längeren Konfliktgeschichte erzählen die Parteien vollkommen unterschiedliche Geschichten. Da mag es zwar einige Übereinstimmungen in den Fakten und zeitlichen Abfolgen von Ereignissen geben (manchmal sogar nicht mal die), spätestens aber, wenn es an die Bedeutung der Ereignisse geht, an die Auswirkungen auf das Fühlen und Denken des Gegenübers, spaltet sich das Bild in zweidimensionale Skizzen, die nur noch für eine Partei Gültigkeit haben. Gleichzeitig unterstellt diese aber dem Konfliktgegner, mit seinem Bild entweder zu lügen oder doch zumindest nur aus strategischen Gründen das eine ins grelle Licht des Vordergrundes zu rücken und das andere im Halbdunkel des Hintergrundes verschwinden zu lassen.
Vertrauen und die Fähigkeit der Zusammenschau wieder zu gewinnen und fremdes inneres Erleben zumindest als Teilwahrheit zu respektieren – das ist die Reise der MediandInnen, die ich begleiten darf. Sie beginnt in stark eskalierten Konflikten mit der Überwindung einer grundsätzlichen Ablehnung, die es verunmöglicht, den anderen auch nur als menschliches Gegenüber, geschweige denn als potenziellen Gesprächspartner zu akzeptieren, und verläuft über die Erkenntnis, dass der andere ebenfalls eine - wenn auch völlig andere – Sicht auf die Wahrheit hat, bis hin zum Ausdruck von wiedergewonnenener Empathie durch entsprechende Handlungen. Im Verlauf der Reise gelingt es den Beteiligten mehr und mehr, sich aus ihrer Opferrolle zu befreien. Die Ressourcen, den Prozess der Konfliktbearbeitung wieder in die eigenen Hände zu nehmen, werden wieder zugänglich. “Den anderen mit dem Herzen sehen” – so lautet eine russische Redewendung – ist dann der Wendepunkt für den Aufstieg ans Licht und die Weiterfahrt in die Zufkunft. Im Mediationsprozess ist die Fähigkeit, wieder in die Zukunft zu planen und Worst-case- bzw. Best-case-Sezenarien zu entwickeln, bereits ein Indiz für eine beginnende Deeskalierung und die Wiedererlangung von Selbstheilungskräften durch die Parteien.